beständiger Kalkputz im Außenbereich

neu verfugter Giebel mit Kalkputz

Informationen zur Verarbeitung von reinem Kalkputz im Außenbereich sind im Netz rar gesät, vor allem wenn er dauerhaft haltbar sein soll. Als Laie muss man sich alles mühevoll zusammenklauben, deshalb hier mal ein umfangreicher Abriss unserer Erfahrungen.

Die Voraussetzungen

Die drei Hauptgebäude unseres Hofes (Wohnhaus, Mittelscheune, Scheune) wurden Mitte bis Ende des 19. Jahrhunderts aus Granitbruchstein errichtet. Gesetzt wurden die Steine mit Lehm (innen) und Kalkmörtel (außen). Mittlerweile über 150 Jahre nagte der Zahn der Zeit an der Substanz. Vom Mörtel ist deshalb an einigen Stellen nicht mehr viel übrig was dazu führt, daß kleinere Füllsteine herausfallen, die Größeren nicht mehr den nötigen Halt haben und so die ganze Statik der Gebäude irgendwann in Frage gestellt wird. Eine Instandsetzung wurde also unumgänglich.

Zudem hatten sich in dem entstandenen Freiraum mittlerweile einige Lebewesen (Sperlingsarten, Rotschwänzchen, Fledermäuse, usw.) ein neues Zuhause gesucht und dieses wollten wir natürlich erhalten, bzw. Ausweichquartiere schaffen (mehr dazu ganz unten).

Warum

Also wieso überdauerten die Gebäude der Altvorderen nun manchmal Jahrhunderte? Nun ja, die Antwort scheint gar nicht so schwer. Die Baustoffe Lehm und reiner Kalkmörtel haben einfach unschlagbar gute Eigenschaften. Sie können viel Wasser aufnehmen und es schnell wieder an die Außenwelt abgeben. Aber damals wurden meistens in den Gebäuden nur wenige Wohnräume beheizt, was die Kondenswasserprobleme überschaubar machte. Heutzutage möchte man in fast allen Räumen ein behagliches Klima, was einen bei der Sanierung von alten Gebäuden vor neue Herausforderungen stellt. Aber auch diesbezüglich sind die althergebrachten Materialien, richtig verarbeitet, wohl immernoch die bevorzugte Wahl.

Gemachte Fehler zuerst

Aus Unerfahrenheit haben wir am Anfang unsere erste Außenwand mit einem Mörtel aus Weißkalkhydrat aus dem Baumarkt und gängigen Putzsand aus der Grube verfugt, in der Annahme, daß dies dem Original am nächsten kommt. Aber weit gefehlt. Die stark bewitterten Flächen hat es innerhalb von kurzer Zeit wieder ausgewaschen. Nach eingehender Recherche stellte sich heraus, daß die Zusammensetzung der Materialien und auch die Verarbeitung völlig falsch war. Ein Putz nur mit Sand und Weißkalkhydrat bewährt sich in Innenräumen, ist für Außenwände aber völlig ungeeignet. Und auch bei der Beschaffenheit des Putzsandes gibt es bemerkenswerte Unterschiede...

Auf der Suche nach dem geeigneten Außenputz

zu verfugende Hauswand

Die Baustoffindustrie will dir natürlich einen einfach zu verarbeitenden billigen Zementmörtel aufschwatzen (der oft noch schadstofflastig ist da Hochöfen oft auch als Müllverbrennungsanlagen benutzt werden). Flickexperimente mit Zement konnten wir an einigen Stellen begutachten. Ausgehärteter Zementmörtel kann die natürliche Bewegung des Bauwerks oft nicht abfedern und so entstanden ganz schnell Spannungsrisse durch die Feuchtigkeit ins Mauerwerk eindringen konnte. Das Ergebnis sind über die Jahre komplett durchfeuchtete Wände. Und die Feuchtigkeit kommt bei Zementputz dann auch lange nicht mehr raus weil, abhängig vom Mischungsverhältnis, wenig bis keine Diffusion gegeben ist. Solche Bausünden zeigen sich ganz schnell an "sanierten" Altbauten (vor allem an Umgebindehäusern mit Fachwerk, Bruchstein-, und Ziegelwandhäusern), wo teilweise schon nach wenigen Jahren, vor allem im Zusammenspiel mit Plastikfenstern/Bauschaum/Dispersionsfarben/etc. starke Nässe- und Schimmelprobleme die Bausubstanz und die Gesundheit zersetzen.

Was ist denn nun die richtige Mörtelmischung?

In den letzten Jahrhunderten wurde für viele Bauwerke eingesumpfter Weißfeinkalk/Brandkalk verwendet. Die Qualität wird durch das Einsumpfen über die Jahre immer besser, was sich auch heutzutage in den Preisen von gutem Sumpfkalk niederschlägt. Dazu kommt, daß bei der Verarbeitung einiges an speziellem Fachwissen erforderlich ist, welches leider nur noch von wenigen Vertretern der Maurergilde beherrscht wird. Also haben wir uns nach einer Alternative umgesehen. Zur Wahl standen französischer Romanzement (bei uns so gut wie nicht erhältlich), Strasskalk und natürlicher hydraulischer Kalk. Unsere Wahl viel auf Letzteres.

Natürlicher hydraulischer Kalk

Ein Kalk bei dem, mit geeigneten Putzsand vermengt, eine sehr lange Witterungsbeständigkeit gegeben ist und trotzdem die nötige Diffusion zur Wahrung der Bausubstanz erhalten bleibt. Zudem wird, je nach Produktart, eine hohe Druckfestigkeit erreicht (bis ca. 14,0 N/mm2 nach 12 Monaten). Bei den wählbaren Qualitäten ist laut Hersteller nur NHL5 ohne diffusionsblockierende Zementbeimischung für den Außenbereich geeignet. Die Nachfrage bei verschiedenen Baustoffhändlern hinterlässt meistens nur fragende Gesichter, aber in der Oberlausitz gibt es zum Glück ein kompetendes Baugeschäft, welches diesen speziellen Kalk vertreibt und wo einem noch hilfreiche Tips zur Verarbeitung mitgegeben werden.

Nachtrag 2019: mittlerweile ist auch für andere Händler in der Oberlausitz NHL kein Fremdwort mehr.

Die Mischung machts

Für einen haltbaren Kalkputz im Außenbereich braucht man einen Putzsand mit sehr wenig bis keinem Lehmanteil. Gewaschener Sand ist am besten geeignet, aber nicht überall erhältlich. Wir haben zum Verfugen von Bruchsteinwänden und zum kompletten Verputzen einer Außenfassade normalen Putzsand mit grober Körnung und wenig Lehmanteil verwendet und kleinere Lehmklumpen aussortiert. Dadurch ist die Verarbeitung etwas erschwehrt, aber der Putz erhält eine sehr schöne goldgelbe Farbe und es bedarf keines weiteren Anstrichs. Ist der Sand aber zu lehmhaltig, ist die Haltbarkeit stark eingeschränkt, da die zum Abbinden notwendige Carbonatisierung nicht mehr ausreichend stattfindet und bei Frost Sprengungen auftreten können.

Die Mischung ist optimal, wenn man sich einen ordentlichen Haufen auf die Kelle laden kann ohne daß es herunterläuft. Schweppert es in der Budde hin und her, ist der Zenit definitiv überschritten. Aber zu trocken darf es natürlich auch nicht sein, aber das merkt man, dann ist es einfach zu "krümelig". Das Anmischen von ordentlichen Putz ist schon eine Gradwanderung, die beste Beschreibung der optimalen Konsistenz ist wohl "klebrig fest". Am besten am Anfang relativ trocken ansetzen und mit dem Rührgerät geduldig so lange durchrühren bis alle Bestandteile eine sichtbar homogene Masse eingehen. Dann kann immernoch Wasser zugeführt werden, am besten nur kleine Spritzer, es kippt einfach zu schnell um ins "Flüssige".

Für den Komplettverputz nimmt man für den Unterputz eine grobe Körnung, für den Deckputz eine Feine (1-4mm).

Die Witterung machts auch

Die Sonne scheint und es ist wohlig warm zum verputzen? Vergesst es. Jede angeworfene Kelle fällt entweder gelangweilt wieder von der viel zu warmen Wand, oder wenn sie denn doch erstmal hält, kann die Carbonatisierung wiederum nicht geboten langsam stattfinden, alles trocknet viel zu schnell aus. Ein optimales Putzwetter ist eher ungemütlich: bedeckter Himmel bis feiner Nieselregen, 5 bis max. 15 Grad, eine hohe Luftfeuchtigkeit, wenig bis kein Wind und keine Frostgefahr.

Carbonatisierung

Was für`n Ding? Carbonatisierung beschreibt den Prozess des zwingend nötigen langsamen Abbindens des Kalkputzes. Prasselt tagelang ungehemmt die Sonne auf die frisch verputzte Wand, entstehen zu starke Spannungsrisse und vor allem erfolgt der Abbindeprozess viel zu schnell bzw. garnicht. Als Gegenmaßnahme wurden damals feuchte Jutebahnen vor die Wand gehängt, wir haben 2x täglich (je nach Witterung über einen Zeitraum von 2-4 Wochen) mittels Gartenschlauch mit feinem Sprühnebel nachbefeuchtet. Hierbei sollte wirklich nur leicht befeuchtet/benebelt werden, da bei zu starker Wässerung das Bindemittel Kalk wieder ausgewaschen wird.

Und sonst gilt noch

Ein Vornässen der Wand ist unumgänglich. Dafür und zum Bereiten der Mischung zwingend sauberes Leitungswasser verwenden. Bach- oder Regenwasser enthält zu viele Schwebstoffe, welche die Haftung oft unmöglich bzw. die Mischung unbrauchbar machen.

Das Anwerfen des Mörtels mit der Kelle ist Pflicht, auch wenn das etwas Übung erfordert. Nur so können sich die Bestandteile des Mörtels ordentlich "verzahnen" und es ist eine weitaus höhere Haltbarkeit gegeben.

Leichte Spannungsrisse bei dickem Grundputz sind normal, sie werden durch den feinkörnigen Deckputz ausgeglichen.

Denkmalschutz

Das Amt für Denkmalschutz hat bei einem Kulturdenkmal wie unserem auch noch ein Wörtchen mitzureden. Es kann sein, daß bei Farbe und Form des Putzes Kompromisse eingegangen werden müssen.

weiterführende Links zum Thema Kalkputz

www.keimfarben.de/fileadmin/pdf/vortraege_denkmal/script_erfurth.pdf

www.konrad-fischer-info.de/2kalkf01.htm

www.baubiologie.de/downloads/kalkputzregeln.pdf

Lebensraum für Tiere

In den bei Bruchsteinwänden über die Jahrzehnte ausgewaschenen Fugen haben viele Lebewesen ein Quartier gefunden. Verschiedene Vogelarten (Sperlinge, Rotschwänzchen, etc.) fanden optimale Nistmöglichkeiten vor, Fledermäuse ihr Sommerquartier.

Deshalb ist es natürlich notwendig, die Renovierungsarbeiten auf "Leerzeiten" abzustimmen, sprich zeitiges Frühjahr oder Spätherbst und zeitgleich Ausweichquartiere zu schaffen. Für Vögel sollten artenspezifisch geeignete Vogelhäuser an der Hauswand angebracht werden (z.B. ein Spatzenhotel oder Nistkästen für Höhlenbrüter), für Fledermäuse entsprechende Fledermauskästen.

Auch stark bedrohte Wildbienen wie die Mauerbiene, welche lehmhaltige Hohlräume bevorzugen, konnten wir im Frühjahr bei der Quartiersuche beobachten. Auch für diese sollten zwingend geeignete Nisthilfen zur Wahrung des Bestandes angebracht werden.